Never Moor!

Tag 2 – Mo. 21. Mai 2012

Glen Nevis Loop

71,5km – 1330hm – 11,5h



Plan für heute: Ohne Gepäck von Kinlochleven über den WHW bis Fort William, zu den Steall Falls, durchs Glen Nevis ans Loch Treig und am Blackwater-Reservoir vorbei zurück nach Kinlochleven. Zwar habe ich im Netz nirgends Infos über eine Bike-Befahrung zwischen den Steall Falls und Luibelt gefunden, aber auf Google-Maps war ein Pfad mehr oder weniger erkennbar. Und ab Luibelt, wo auch die Meanach Bothy steht, wurde der Weg bereits befahren. Wird also machbar sein.

Aber erst mal in die Bar für ein full scottish breakfast. Schon ein anderes Kaliber (auch preislich) als gestern in Edinburgh (wenn auch nicht so kunstvoll arrangiert).
Wow, war das erst gestern?

Danach raus aus dem Ort und kurz nach dem Ortsschild offroad durch ein Waldstück ein Stück den WHW hoch. Doch als die Teerstrasse quert und der WHW sich in engen Serpentinen auf extrem verblocktem Singletrail hochwindet (runter laut Berichten ein heftig verblockter, aber genialer Downhill. Nachtrag 2017: yep), fahre ich stattdessen den Teer, den sehr steilen Teer wohlgemerkt, bis dieser in Schotter übergeht und schwenke dann hangparallel über einen breiten Waldweg wieder zum WHW.
Der erste Aussichtspunkt auf Loch Leven (das eigentlich ein Firth (=Fjord) und kein See ist), verlangt nach einem Griff in die Rucksack-Seitentasche, wo der Flachmann vom Gäsbock-MTB-Marathon harrt. Talisker, 10 years, just for the taste.

Bild 049
Loch Leven

Es geht stetig leicht bergauf, jetzt häufen sich die Wanderer, es ist die letzte und eine der schönsten Etappen des WHW.

Bild 050

(km7,5) Als ich auf dem Pass ankomme und die Ruine sehe, die vermutlich auf 10000 Fotos abgelichtet ist, ist es Zeit für die Tannahill Weavers. Genau dieses Lied habe ich (damals noch auf Kassette) ins Autoradio eingeworfen, als wir 1992 zum ersten Mal bei Gretna Green schottischen Boden betraten. Also Handy an, Kopfhörer auf und das Tal runter geheizt. Großartig.

Bild 051

Der Weg verläuft teilweise auf heftig grobem Schotter, teilweise auf Singletrails, mit diversen Steigungen, dann durch ein teilweise gerodetes Waldstück als plötzlich der Ben Nevis vor mir aufragt.

Bild 052
Ben Nevis, höchster Berg Großbritanniens (1345m)

(km22) Nach einer langen Abfahrt auf breitem Forstweg komme ich in die Vororte von Fort William im Glen Nevis. Im Nevis-Youth-Hostel fülle ich die Flaschen auf und weiter geht’s auf Teer das sanft ansteigende Glen Nevis hoch.

……..doch dann heisst es schieben, denn der Weg verläuft sich immer wieder im Moor und ist nur durch den guten GPS-Track wiederzufinden.

Bild 070Es gibt viel zu entdecken, zum Beispiel mein erstes Boghole.
Erste Lektion: nur durch Pfützen fahren oder gehen, in denen man Steine am Boden sieht.

Ständig queren Moorgräben den Weg. Dann heißt es, Rad rüberwerfen, Anlauf nehmen, hinterher springen. Teilweise sind die Gräben so breit oder tief, dass ich ’ne Zeit suchen muß, bis ich eine geeignete Stelle finde. Dabei muss ich darauf achten, nicht allzu weit vom GPS-Track abzuweichen, denn als das doch einmal passiert, hat sich plötzlich ein heimtückisches Kerbtal zwischen uns geschlichen, dessen Querung extrem kräftezehrend ist.

Wenn es einen Weg gibt, sind immer wieder kurze Stücke fahrbar, aber große Strecken geht es nur zu Fuß quermoorein.

Mittendrin treffe ich eine Gruppe deutscher Wanderer, die sich am Fluß niedergelassen haben und mich leicht verwundert anschauen. Aber ich habe keine Zeit mich nieder und ausfragen zu lassen, schließlich habe ich erst die Hälfte des Weges geschafft und es ist schon Nachmittag. Also kurzer Gruß und weiter geht’s.

(km42) Nach etwa 3 Stunden und 11km seit den Steall-Falls, von denen ich vielleicht 15 Minuten im Sattel saß, gefühlten 100 Moorgräben, mehreren, teils schwierigen Bachüberquerungen, weiteren Bogholes und ständigem Weg verlieren und wiederfinden erreiche ich geschafft und mit nassen Schuhen endlich die Ruine Luibelt und die Meanach Bothy. Jetzt wird alles gut.

In der Bothy hat sich ein Wanderer einquartiert, der hier einige Bergbesteigungen machen möchte. Ich lasse mich vor der Hütte nieder, trockne meine Schuhe, rauche ’ne Zigarette und nehme einen Schluck Talisker, just for the taste, as you know. Offenbar ist der Flachmann undicht, denn schon auf dem Weg hierher hat mich ständig ein verführerischer Duft umwölkt und mich so vor dem endgültigen Frust bewahrt.
Zum Glück ist das Wetter prächtig, denn die Strecke im Regen……..

Aber das liegt hinter mir, die weitere Strecke ist bereits befahren worden. Mich wundert nur, warum der Erstbefahrer 8 Stunden dafür gebraucht hat. Na, bestimmt ne Luftpumpe.
Es kann eben nur einen geben.

Nach ’ner halben Stunde Pause und Smalltalk geht es weiter Richtung Loch Treig. Dieses Stück wird übrigens 2013-2015 Teil des HTR550.

Bild 090

Eine Stunde später. Blick zurück auf Loch Treig. Kann jemand den Weg erkennen? Es gibt nämlich keinen. Zumindest keinen fahrbaren. Oder ich hatte nen Geographen-Blackout. Unten, als ich vom Hauptweg am Loch in den Singletrail abbog sah es noch gut aus, aber plötzlich war der Pfad weg und nicht mehr zu finden, trotz Zick­zack­suche entlang des GPS-Tracks. Und ich stapfe wieder durch die Botanik.

Ich schleppe uns (mein Bike und mich) hoch zum Pass, wo plötzlich der Weg erscheint, strahlend wie Gandalf im Fangornwald, nur bin ich mittlerweile so platt und unkonzentriert, dass ich sogar hier an vielen Stellen schiebe.

Bild 091
Hochtal Richtung Loch Chiaran, das man in der Ferne sieht.

(km55) In der Loch Chiarain Bothy hat sich auch ein Wanderer einquartiert, aber da es schon dämmert, halte ich mich nicht auf. Weiter geht es Richtung Blackwater-Reservoir, das ich in der Ferne schon sehen kann, durch eine interessante Hügel­land­schaft, wie ein Mega-Eier­karton. Rauf-runter-Pfütze-rauf-runter-Pfütze. Zum Glück das meiste fahrbar (im Prinzip alles).

Bild 092

Kurz vor Blackwater ist der GPS-Track offenbar falsch, denn jetzt lande ich nochmal mitten im Moor. Nach einer halben Stunde Umhergeirre erreiche ich endlich den Staudamm (km60) und habe auch zum ersten Mal seit 8 Stunden wieder einen Balken Netzempfang. Puh geschafft. Zivilisation. Chilled Lager, please.

Bild 093

Denkste.

Die Staudammkrone ist 2m hoch vergittert und mit einem Verbotsschild versehen. Hm. Bei meinem Glück heute….
Alternativen sind der Ciaran-Path, der hier beginnt, aber dafür bin ich zu kaputt, oder eine große Schleife um die Berge rum, um von der anderen Seite nach Kinlochleven abzufahren, aber das erscheint mir zu weit, um es vor der Dunkelheit zu schaffen.
Also vor dem Staudamm das Tal queren. An der Staumauer entlang kann man Betonstufen runter­klettern. Die werden immer tiefer, am Schluß bis zu einem Meter. Endlich unten angekommen, versperrt ein Zaun den Weg.
Unmöglich weiterzukommen. Blick zurück, die ganzen Stufen wieder hoch? Och nee. Aber die Aussicht auf ein Pint (mindestens!) versetzt Berge, also wieder hoch, Fahrrad auf die Stufe heben, nachklettern, nächste Stufe und am Ende stehe ich wieder an der Mauerkrone, wo ich vor einer gefühlten dreiviertel Stunde den Abstieg begann.
Jetzt letzte Reserven mobilisieren. Ich klettere über das Gitter, wuchte das Rad hinterher und heize über die Staumauerkrone. Macht irre Spass. Am Ende nochmal das gleiche Gitter und dann geht es endlich, endlich und wahrhaftig nur noch bergab nach Kinlochleven.

Bild 094
Blick zurück auf Blackwater Dam

Kurz nach dem Damm biege ich vom Weg ab auf die betonierte Wasserrohrpiste, die super fahrbar ist, die reinste Rennstrecke, mit ganz leichtem Gefälle, die immer wieder den Hauptweg kreuzt und nach ca. 5 km dort endet, wo ich gestern vom Staircase runterkam. (Leider hab ich kein Foto von der Piste gemacht, aber auf 13FMs Blog gibt’s welche, auch vom Staudamm)

Jetzt die gleiche Schotterstrecke runter wie gestern, aber noch eine Spur schneller, denn es ist schon 22:30 Uhr. Im allerletzten Tageslicht lasse ich den Camping rechts liegen und halte erst an der Bar wieder an, setze mich auf die Terrasse, bestelle direkt zwei Pint, chilled to chill…….

Slàinte mhath!

Nachtrag: Mittlerweile wurde in OSM ein Pfad eingetragen, auf dem man den Staudamm umgehen kann. Beginnt nur ein paar Meter weiter als ich die Stufen herabgestiegen bin. Hatte ich nicht bemerkt. Der umgeht den Zaun und man kommt direkt auf dem Weg ins Tal raus.

Aber die Staudammkrone ist geiler 🙂



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