Voll krass, Alder

Tag 2 – Sa. 10. Juni 2017

Kinloch Rannoch – Fort Augustus

101,5km – 1770hm – 10h



Die Nacht über hat es geregnet, aber jetzt nieselt es nur noch. Gegen Mittag hin soll es heiter werden und erst am späten Nachmittag wieder schauern. Temperatur bis 16°.

Ich fahre wieder ins Rannoch-Hotel zum Frühstück. Man kann ein full-scottish bestellen oder sich continental-style am Büffet bedienen. Letzteres sieht fantastisch aus, das vielfältigste, das ich bisher überhaupt gesehen habe und daher fackel ich nicht lange. Dazu breakfast-tea und Cappuccino, was für ein prächtiger Einstieg in den Tag. Oh, gerade sehe ich in der Menükarte, daß das verschmähte full-scottish-breakfast preisgekrönt ist, na ja, man kann nicht alles haben.

Noch kurz in den örtlichen Store zum Einkauf der Tagesverpflegung. Um 10:50 Uhr (wie gesagt, Holiday-Modus) breche ich auf, zum Ben Alder, dem ersten Highlight der Tour.

Blick zurück auf Kinloch Rannoch

Von hier muss ich ans westliche Ende des Lochs und dann nach Norden. Auf beiden Seiten des Lochs führen Singletrack-Roads entlang, ich wähle die kleinere südliche, da ich vielleicht noch die gestern verlassene HTR-Strecke fahren will. Aber die Straße verläuft so ruhig und gemütlich am Loch entlang und durch lockeren, knorrigen Birkenwald, dass ich das dann doch verwerfe und erst am Ende des Lochs, bei Bridge of Gaur, auf die HTR-Strecke treffe.

Kurz danach geht es auf Schotterstrecke in einen Wald. An einem Weidegatter treffe ich zwei deutsche Wanderinnen, die mich nach dem Weg nach Loch Ericht fragen und beim Weiterfahren höre ich noch ihr bewunderndes Erstaunen ob meines Gepäcks. Im Wald geht es stetig bergauf, dann komme ich auf einer offenen Fläche an eine unbeschilderte Weggabelung. Für die netten Damen hinter mir lege ich aus Ästen einen Pfeil auf den Weg, Celtmans erste gute Tat für heute.

Am Ende des Tales zweigt der HTR auf die A86 Richtung Osten nach Laggan ab und dort wieder nach Westen auf General Wade’s Military Road (ja, genau diese). In Laggan ist der Wolftrax-Bike-Park und das gleichnamige Cafe, ausserdem liegen auf der Route die Pattack-Falls, aber irgendwas hat mich geritten, hier eine Variante einzubauen, um die A86 zu umgehen. Also fahre ich vor der Einmündung stattdessen Richtung Westen ans Loch Laggan, dann zwar doch auf die A86, aber bereits nach 800 Metern biege ich in Kinloch Laggan wieder nach Norden auf eine schmale Forststrasse. Die geht erst 80m steil hoch und wird dann zu einem breiten Schotterweg, frisch gebaut zwecks Errichtung der Hochspannungsleitung nach Fort Augustus (die, die über den Corrieyairack führt). Nach 4,5 km erreiche ich des Generals Straße und bin damit wieder auf dem HTR. (Nachtrag: 2019 wurde diese Variante Teil des HTR. Keine Ahnung, ob ich da ungewollt der Ideengeber war)

Bis zur Melgarve-Bothy ist die Military-Road geteert. Ab der Bothy könnte ich auf die Tour 2012 verweisen. Ich habe auch keine Fotos gemacht, da sie eh nicht besser geworden wären als die damals. Aber es gibt doch entscheidende Unterschiede. Als ich am Fuß des Corrieyairack ankomme, habe ich schon 86km und 1100 hm hinter mir im Gegensatz zu 35km und 600hm 2012. Außerdem macht sich bemerkbar, dass ich kein full-scottish-breakfast gegessen habe, denn ich habe soeben meinen letzten Riegel verspeisen müssen und das könnte bei meiner Neigung zu Unterzuckerung auf den letzten 20 km zu einem Problem werden. Daher wundert es mich auch nicht, daß ich bereits ab der 3. Serpentine schieben muss.

Abfahrt vom Corrieyairack,
die Energie ist eindeutig im Tal.
Übrigens, 2012 konnte man von hier bis Loch Quoich sehen

Hinter dem Paß kommt die fantastische Schussfahrt ins Tal, aber bereits bei den Gegenanstiegen werde ich zittrig und kalt-schwitzig. Ich hatte bereits einmal einen hypoglykämischen Schock, bei dem ich 20 Minuten zuckend mitten auf einer Hauptstrasse in Saarbrücken lag bis ich im Notarztwagen aufwachte und genau so fühlte sich das vorher an. Ein leichter Anflug von Panik kratzt an meinen Eingeweiden. Also schiebe ich die kleinste Steigung und gebe kaum Druck auf die Pedale. In der Nähe der Blackburn-Bothy sehe ich ein Gehege mit sicherlich fünfzig Hirschen, aber als ich näher rolle erkenne ich, dass da gar kein Zaun und das offensichtlich ein freies Rudel ist, das gerade in den Fluchtmodus schaltet und mit gedämpftem Hufgeklapper, wie fernes Donnergrollen, über den nächsten Hügel verschwindet. Seh ich so hungrig aus? Um 20:50 Uhr erreiche ich erleichtert endlich Fort Augustus aber fahre nicht zum Lock-Inn, denn normale Küche dauert mir jetzt zu lange, sondern zu „Moorings“, dem Schnellimbiss, den auch viele HTR-Fahrer nutzen. Der hat zwar teilweise miese Kritiken, aber Haggis, Neeps and Tatties und gleich danach noch Fish & Chips sind vor allem eins: schnell aufgetischt (und übrigens gar nicht mal schlecht). Dazu noch ein paar kühle Lager und wir (der Zucker und ich) sind besänftigt und lehnen uns entspannt zurück.

Als ich bezahle finde ich ganz unten im Rucksack doch noch einen Riegel.
Tja.

Darauf eine „Gute Gesundheit“, oder auf gälisch:
Slàinte mhath!



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