Tag 5 – Do. 24. Mai 2012
Fort Augustus – Glenelg
99km – 1383hm – 7h
Wenn heute alles nach Plan läuft, wird das die längste Tour des Urlaubs. Bis Glenelg sind es ca. 90 km, aber zum großen Teil auf Teer, dazwischen eine Offoad-Bergetappe.
Aber erst mal fahre ich in den Ort und gönne mir das obligatorische Frühstück, diesmal wieder in der Luxusausgabe.
Ans Ufer von Loch Ness fahre ich nicht, obwohl es nur ein paar Meter entfernt ist. Ehrlich gesagt, ich hab’s vergessen. Aber von meinen bisherigen Besuchen weiß ich, dass es sowieso das uninteressanteste aller Lochs ist. Nessie ist wahrscheinlich deshalb schon so lange nicht mehr gesichtet worden, weil es an Langeweile gestorben ist.
Stattdessen geht’s nach Süden den mit feinem Schotter befestigten Great Glen Way am Caledonian Canal entlang. Unterwegs bitte ich zwei Wanderer um ein Foto. Im Hintergrund sieht man die Nevis Range, wo ich gestern gestartet bin.
Als der Weg nach ca 10km auf die Autostrasse trifft, führt er vom Canal weg in den bewaldeten und teilweise gerodeten Hang, ist aber immer noch so ausgebaut, dass er auch für Tourenradler gut fahrbar ist.
Allerdings nehme ich nicht diese Auto-Route, sondern will südlich von Loch Garry die Hauptstrasse umfahren. Zuerst geht’s südlich des River Garry über die geteerte Mandally-Road. Doch an deren Ende ist eine Brücke wegen Baumfällarbeiten gesperrt und da die Arbeiter gerade zu Gange sind, ist hier kein Durchkommen.
Also zurück und doch die Autoroute. Als ich dann dort etwa auf gleicher Höhe mit der gesperrten Brücke bin, finde ich eine Abfahrt und eine andere Brücke über den River Garry. Wie weit der Weg führt, ist auf der Karte nicht ersichtlich, also ausprobieren. Und tatsächlich, kurz darauf komme ich an der gesperrten Brücke raus, diesmal auf der anderen Seite. Den Weg habe ich in OSM eingetragen.
Dann geht’s unspektakulär durch teilweise gerodeten Forstwald (offenbar ist hier noch Kahlschlag modern) ohne besondere Aussichten auf Glen Garry.
Ich frage mich schon, ob die Autoroute direkt am Nordufer des Lochs nicht doch die bessere Wahl gewesen wäre, da sehe ich mich plötzlich einer krassen Herde gegenüber.
In Tomdoun zweigt ein Weg nach Norden ab, die alte Road to the Isles, die über zwei Brücken eine Schmalstelle von Loch Loyne überquerte bis 1957 ein Damm errichtet wurde. Die Brücken wurden überflutet und die neue Road to the Isles weiter östlich gebaut. Erst 2008 wurde der Pegel des Staudamms verringert, so dass die Ruinen der Brücken wieder sichtbar wurden. Aber diesen Abstecher spare ich mir, schließlich habe ich noch genug Strecke vor mir.
Die Straße an Loch Quoich entlang und dann hinab nach Kinloch Hourn ist phänomenal. Let’s go.
Am Hang links geht es nach Barrisdale
Kinloch Hourn. Ende des Teers und Sackgasse für Autoverkehr. Der Ort besteht aus einer Handvoll vereinzelter Häuser, eins davon angeblich ein Tearoom, doch ich spare mir, den zu suchen. Hier beginnt auch der Fußpfad nach Barrisdale, entlang des südlichen Rands des Lochs, angeblich kaum fahrbar, aber laut verschiedenen Berichten so spektakulär, daß ich mir das für einen späteren Trip vormerke. Vom Weiler Barrisdale kann man dann nach Süden über den Pass Mam Barrisdale nach Inverie und von dort geht’s nur per Boot weiter Richtung Mallaig.
Aber auch für meine jetzige Tour ist der Komfort zu Ende, jetzt wird’s ernst. Auf dem vorletzten Foto der Slideshow, genau in der Bildmitte oben zwischen den beiden Masten, ist der Pass, über den ich rüber muss. Man kann etwas rechts auch den Weg hinauf erkennen und erahnen, wie steil der ist.
Um auf den Pfad zum Aufstieg zu kommen, muss ich über das Grundstück eines Hauses, das mit einem Gatter abgesperrt ist. Es ist unverschlossen, aber ich bitte trotzdem die Bewohnerin, die sich gerade draussen aufhält, um Durchgangserlaubnis.
„Aufstieg“ ist nicht untertrieben, der Pfad erweist sich als sehr steile und mit grobem Geröll „gepflasterte“ Rinne.
Endlich komme ich da raus und auf einen Fahrweg, der ein paar hundert Meter eben und ein kleines Stück wieder abwärts führt.
Nachtrag: Um diese Rinne zu umgehen bietet es sich an, bereits an dem kleinen Loch kurz vor Kinloch Hourn abzufahren und von dort auf den Fahrweg am Ende der Rinne zu stoßen.
Am Ende des Fahrweges geht es wieder auf loses Geröll und wird dann dermassen steil, dass ich das Rad nicht mehr schieben kann sondern stückweise hochwuchten muss. Aber zum Glück sind das nur knapp 200 Längenmeter bei immerhin 90 Höhenmetern.
Die folgende Bergetappe ist 12km lang und mit Fully überwiegend gut fahrbar, trotzdem reißt mir unterwegs der angeblich downhilltaugliche Bionicon C.Guide Kettenspanner ab. Egal, braucht eh kein Mensch.
Es geht über einen Bach, entlang zweier kleiner Lochs, an einem kleinen Wasserfall entlang….schön, echt schön
Dann geht’s wieder kurz steil nach oben bis ich in der Ferne das Meer sehe und dahinter…..Skye.
Ab hier geht es auf grobem Schotter nur noch bergab und dann eben durch landwirtschaftlich genutztes Gelände bis Arnisdale. Zwar waren bereits Kinlochleven und Kinloch Hourn an Firths, aber erst hier fühle ich mich richtig am Meer angekommen.
Von hier sind es nur noch 17 km auf gut ausgebauter Teerstrasse nach Glenelg, aber da ich schon ziemlich kaputt bin, es ständig auf und ab geht und ich außerdem seit Fort Augustus massive Sitzbeschwerden habe, ziehen die sich scheinbar endlos. Dafür werde ich mit ein paar grandiosen Aussichten auf das Meer und Skye belohnt.
Endlich, rechts Glenelg, mein heutiges Ziel. Die Berge links sind bereits auf Skye und rechts davon, links von der Bildmitte sieht man die Meerenge, die ich morgen mit der Fähre überqueren werde.
Seit Arnisdale sehne ich den Glenelg Inn herbei um mein Ziel-Pint (oder zwei) zu bekommen. Der Inn hat eine gute Küche und da ich am Meer bin, gönne ich mir eine passende Belohnung. (Das Foto zeigt nur die Vorspeise)
Auf der Wiese hinter dem Inn darf ich zelten, es gibt zwar massenhaft Midges, aber dafür auch eine grandiose Aussicht auf Skye.
Während ich auf der Terrasse des Inn mein drittes Pint genieße (i earned myself fairly), sprechen mich einige Gäste an, offenbar Einheimische, und laden mich in den Inn-Pub ein. Ich lerne den Fischer Charlie kennen (der ein bißchen aussieht wie Robbie Williams in „König der Fischer“ mit Shorts und Hawaiihemd), den Lehrer Rob MacAskill (nicht verwandt mit Danny), den Spaßvogel des Dorfes („he’s a joker“) und den Koch und Barmann des Inn, man sagt mir, wie ich ordentlich einen Whisky bestelle („a dram“, was ich dann auch fleißig übe), die Hausmarke ist Black Bottle, ein einfacher, aber leckerer Blend, man erklärt mir in praktischer Anwendung die Biertypen Ale, Bitter und Heavy (was mehr oder weniger das gleiche bezeichnet, aber einzeln probiert werden muss), ich erfahre, warum schottische Fußballfans glücklicher sind als englische (obwohl oder gerade weil die Schotten meistens verlieren), daß das Referendum in zwei Jahren unbedingt die Unabhängigkeit bringen muss, weil die Schotten (zumindest die anwesenden) in der EU bleiben und auch den Euro haben wollen, und nachdem ich erklärt habe, wo das Saarland liegt, erzählt der Koch, daß er einige Zeit in Landau arbeitete und für ihn der Pfälzerwald „the most beautiful place in the whole world“ sei, worauf ich aus Mountainbikersicht nur zustimmend nicken kann (hört hört, ihr Pälzer!!!), wir nehmen noch a dram, reden über meine weitere Tour, über die Eurokrise, ich erkläre stolz „before this evening i thougt, i could never talk even more than a few words in english and now i find myself in a discussion about economhicks„, sie bestätigen mir freundlich sie verstünden mich problemlos (wie Schnupfen mein französich, so befördert offenbar Whisky mein schottisch, aber wahrscheinlich sind sie nur höflich), dann lästern wir über die blöden Engländer, der Joker macht ein paar derbe Jokes, wir nehmen noch ’nen dram, ich denke kurz dran, daß ich doch bestimmt stinken muß wie ein Highland Cattle, hab ich schon erwähnt, daß wir währenddessen konsequent übten, dram zu bestellen, Charlie sagt, daß ich unbedingt morgen die Ruinen der beiden keltischen Wohntürme („Brochs“) besuchen müsse, schließlich gibt mir Rob seine email-Adresse und, ähm, irgendwo in Schottland steht doch mein Zelt, doesn’t it?
Slàinte mhath!
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